Artikel
10 Kommentare

Hält dich Angst davon ab, alleine zu reisen ? + Tipps

Die Angst davor alleine unterwegs zu sein, macht dir einen Strich durch den Reisetraum?

Mir ging es anfangs nicht anders. Das kannst du mir glauben! Ich habe viel zu lange damit gewartet. Mich nie getraut. Doch irgendwann ist es einfach „zu spät“.

Man bewegt sich in diesem Hamsterrad. Eine Festanstellung mit der man gerade so über die Runden kommt. Dennoch 8 Stunden+ unterwegs ist (mit Fahrten bis zu 10 Stunden+). Man hat überall Verpflichtungen, Beziehungen etlicher Art, lädt sich wohlmöglich einen Haufen Zeug auf (Miete, Auto, Versicherungen, hier und da ein Abo, …) und dann wieder davon los kommen?

Die gewohnte Umgebung und Menschen, die man kennt: Das soll man gegen Ungewissheit, gegen fremde Menschen und Sprachen eintauschen? Einen Kleiderschrank gegen einen Rucksack? Hübsche Schuhe gegen FlipFlops und Trekkingschuhe für längere Lauftouren?

Ohh ja das sollte man!

Ich bin Oktober 2013 einfach ins kalte Wasser gesprungen und habe es gewagt alleine nach Istanbul zu fliegen. Es ist kein 14 Stunden-Flug nach Südostasien, aber dennoch ein fremdes Land mit unbekannter Sprache.

Klar war ich dort mit einem Ziel: Arbeiten! Ich durfte dort in einem Hostel die Wänder der Zimmer bemalen.

Aber die Stadt alleine zu erkunden braucht dann doch Mut. Eine Stadt, eine riesige und unbekannte Stadt. Alleine Sightseeing. Alleine essen gehen, Alleine irgendwas unternehmen. Das braucht eine gewisse Überwindung. Zumindest anfangs. Ich war zwar schon mal in der Türkei (Side, Antalya, …) aber eher urlaubsmäßig mit den Eltern. Da können dann natürlich die meisten deutsch oder gutes englisch.

Randnotiz: Mit der Zeit kehren viele Türken wieder zurück in die Heimat und weniger Deutsche finden den Weg in die Türkei. Früher war das mal anders. Da konnten mehr türkische Mitmenschen die deutsche Sprache und auch um einiges besser.

In den ca. 2 Wochen habe ich nicht nur eine Menge über ein fremdes Land erfahren, sondern auch eine ganze Menge über mich selbst.

  • Es geht doch alles geht mit Händen und Füßen, wenn das gegenüber kein englisch spricht.
  • Das mulmige Gefühl, das einen noch in den ersten Stunden begleitet hat, wenn man alleine durch die Stadt geht, ist nach kurzer Zeit verschwunden.
  • Auch wenn dein Englisch eingerostet ist (gerade in gesprochener Form): Leute verstehen dich trotzdem und wenn du etwas nicht weißt, umschreibe es oder benutze ebenfalls Hände und Füße.
  • Wenn nicht alles nach Plan geht: Nicht aus der Ruhe bringen lassen!
  • Anfänglich ist man noch etwas zurückhaltend, aber nach ein paar Tagen geht auch das vorbei.
  • Arbeiten von unterwegs kann Überwindung kosten.
  • Ich bin mir sicher, dass man auf Reisen sein Herz verlieren kann. An eine Stadt. An menschenleere Orte. An Länder. An Kontinente.
  • Schon nach ein paar Tagen wurde der Drang danach länger Reisen zu wollen auf’s Neue entfacht. Und die anfänglichen Bedenken aus dem Kopf geschwemmt. Das Beisammen sein im Hostel mit fremden Menschen und trotzdem die Herzlichkeit und eine Art Freundschaft spüren.
  • Bekanntschaften, die man unterwegs macht sind meistens viel „echter“ als Begegnungen daheim. Man hat keinen Grund jemandem etwas vor zu machen. Meistens sind die Begegnungen nicht von Dauer – aber auch echte Freundschaften oder sogar Beziehungen können sich entwickeln. Man ist mit den Menschen einfach auf einer Wellenlänge. Außer das man Geld zum Reisen braucht, sind materielle Dinge und Werte kein oder kaum ein Thema. Und das mag liebe ich!
  • Als Frau ist man unterwegs wohl immer etwas vorsichtiger. Gerade wenn es darum geht, abends etwas zu unternehmen!
  • Es ist so einfach, auf fremde Menschen zuzugehen. Sie nach dem Weg zu fragen. Oder einfach zu fragen, was „Hallo“ in ihrer Sprache heißt. Oder wenn man etwas Interessantes entdeckt, einen Haufen Fragen zu stellen: Wieso, weshalb und warum? Aber wieso fällt einem das Daheim so schwer?
  • Alleine nimmt man die Umgebung viel intensiver wahr. Es ist niemand da, der dich ablenkt. Du bist aufmerksamer. Du gehst an Orte, die du mit jemanden zusammen vielleicht nicht hättest ansehen können. Klar kann es auch anders herum sein. Aber wenn du alleine reist, kannst du beides haben und genießen! Du kannst alleine losziehen, wenn dir danach ist – oder aber dich mit anderen zusammen schließen.

Und nun noch ein paar kleine Tipps:

  • Suche dir für die ersten Tage vorher eine Unterkunft. Somit hast du bei der Ankunft schon mal ein Anlaufstelle und irrst nicht total verloren herum. Wenn du weiter reisen willst, machst du es eigentlich genauso. Du suchst dir vorher 1 oder besser 2 oder 3 Hostels aus und notierst dir die Adressen (am Besten nimmst du dann eine Karte zur Hilfe).
    Warum besser 2 oder 3 Hostels aussuchen? Wenn deine 1. Wahl doch mal nichts frei haben sollte, kannst du gleich weiter.
  • Auch wenn man vorsichtig sein und sich nicht von jedem angesprechen lassen sollte (was lernt man als Kind immer: Spreche nicht mit Fremden): Als Kind definitiv wichtig, später kannst du das ruhig mal ignorieren: Nicht jeder will dir was Böses. Versuche auf dein Bauchgefühl zu hören. Wenn dir jemand komisch vorkommt, geh einfach weiter.
  • Verbringe die ersten Tage in der Gemeinschaftszone des Hostels. Da knüpfst du schneller Kontakte als du gucken kannst.
  • Wenn du vorher schon mit anderen Reisenden Kontakt hattest und sich eure Wege kreuzen, warum nicht verabreden?
  • Dem Punkt vorher angehangen ist zu sagen: Bleib flexibel und plane nicht alles durch. Wenn es dir an einem Ort gut gefällt, bleibe ruhig ein paar Tage länger da als geplant.

Mittlerweile war ich 3 Monate allein in Indien unterwegs, bin über 1 1/2 Jahre alleine zu Fuß von Deutschland bis in den Iran gelaufen, habe ein halbes Jahr in Neuseeland gewohnt & viele kleine Wanderungen und Reisen über mehrere Tage oder Wochen gemacht.

Was sind deine Ängste? Hast du sie überwinden können? Was sind deine Tipps? Und was hast du bei der ersten Reise oder in der Anfangszeit über dich selbst erfahren? Erzähle mir deine Meinung unten in den Kommentaren, oder schreib mir eine Mail, wenn du Fragen hast.

Veröffentlicht von

Auf BUNTERwegs, dem Outdoor- und Abenteuer-Reise Blog mit Liebe zum Wandern & zur Street Art, nehme ich euch mit: Wandern, Reisen, Mikrobabenteuer, Trekking, Roadtrips, SUP, Klettern, Nachhaltigkeit und vieles mehr.

10 Kommentare

  1. Ach Jessie! Das lesen macht so viel Freude. :)
    Schön das es dir so gut gefallen hat und du quasi „Blut geleckt“ hast. :)
    Ich bin nicht so gerne alleine auf Reisen. Aber ich bin auch nicht so gerne unter fremden Menschen. Bin gespannt mehr von dir zu lesen zu diesem Thema.
    Danke für diesen Einblick. Und auch wenn ich es selber glaube ich nie ausprobieren würde, sind deine aufgeführten Punkte mehr als einleuchtend. :)
    xo Julia

    Antworten

  2. Was einen davon abhält, alleine zu reisen ist oft der Unwille, die Comfort Zone die verlassen. Reisen an unbekannte Orte ist generell schon ein Verlassen der Comfort Zone und wenn man es dann alleine macht, umso mehr. Doch das Gute beim Verlassen der Comfort Zone ist, dass man nie mehr lernt, als an den Erfahrungen, die sich daraus ergeben. Wer alleine verreist, nimmt neue Orte intensiver, wenn nicht sogar authentischer wahr, finde ich, denn zu zweit (oder mehr) neigt man dann doch dazu, in gewohnte Denkmuster (die ja auch die Wahrnehmung beeinflussen) zu verfallen (=Comfort Zone).

    LG, Melissa

    Antworten

    • Hallo Melissa,

      lieben Dank für deinen Kommentar.

      Und ja. Da gebe ich dir Recht. Allein das Reisen ist schon ein verlassen der Komfort Zone.
      Wer aber gerne reist – es nur noch nicht allein getan hat – was hält diese Person dann davon ab? Unbekannte Orte dürften ja dann keine Angste machen.

      Und ja es stimmt! Man lernt aus den Erfahrungen – ob nun Gute oder Schlechte! Und genau deswg sollte man die Komfortzone öfters verlassen. Denn nur so wächst man als Person – oder?

      Lieben Gruß,

      Jessie

      Antworten

  3. Wenn man gerne reist, es jedoch immer mit einem Freund/in macht, bleibt man immer noch (zu einem großen Teil) in der Comfort Zone, weil der Freund/in einem stets die erhoffte Unterstützung bietet. (allein der Glaube, dass es so ist, reicht ja schon aus ;)) Alleine zu reisen ist dann doch schon schwieriger, finde ich, weil man komplett auf sich allein gestellt ist…

    Und gerade aus den negativen Erfahrungen lernt man eigentlich am meisten, denn sie zeigen einem, dass man in Zukunft etwas anders machen muss (im Gegensatz zu positiven Erfahrungen) – auf diese Weise wächst man auch als Person, weil folgende neagtive Erfahrungen einem weniger ausmachen können.

    LG, Mel

    Antworten

  4. Ich bin bisher erst einmal allein gereist und zwar durch Norwegen. Ich hatte vorher auch große Bedenken, muss aber sagen, dass sie unbegründet waren. Natürlich ist es zuerst schon komisch, beispielsweise immer allein zu essen, aber das Entdecken der Städte geht im Grunde auch sehr gut allein. Bei mir wurde es nach einiger Zeit zwar doch ein wenig langweilig, aber ich muss dazu sagen, dass ich den Fehler gemacht habe, in ganz normalen Hotels zu buchen. In der Zukunft würde ich mich eher für Hostels entscheiden oder für das Couchsurfing, obwohl ich damit noch keine Erfahrungen gemacht habe. Aber mit einigen Änderungen hätte ich wirklich viel mehr neue Menschen kennenlernen können, um vielleicht auch mal gemeinsam weiterzureisen etc.

    Antworten

    • Hallo Reiner,

      vielen Dank für deinen Kommentar.
      Ja das stimmt. In Hotels findet man weniger Kontakt zu anderen als in Hostels (da gibt es ja auch für jeden Geschmack etwas).

      Aber wenn man schon mal allein unterwegs war, dann ist es das nächste Mal noch ein weniger einfacher – auch was die Planung angeht.

      Schon Pläne wo es als nächstes hingeht? :)

      Antworten

  5. Als Frau würde ich auch ungern alleine reisen, auch wenn einem viel entgeht. Aber mit einem Partner oder guten Freunden hat man jemanden mit dem man sein Glück teilen kann :)

    Antworten

    • Liebe Sofia,

      danke für deinen Kommentar.
      Warum würdest du ungern alleine reisen? Ich bin fast immer alleine unterwegs (seit 2009). Klar darf man nicht naiv unterwegs sein.
      Wirklich schlechte Erfahrung habe ich aber noch nicht gemacht.

      Aber ja das Teilen ist auf jeden Fall ein Plus-Punkt.

      Antworten

  6. Deine offenen Einblicke und persönlichen Anekdoten machen das Thema greifbar und inspirierend für Mitreisende. Es ist deutlich erkennbar, dass das Annehmen von Soloabenteuern zu erstaunlicher Selbsterkenntnis und persönlichem Wachstum führen kann. Du hast mir Mut gemacht.
    Liebe Grüße,
    Steffi

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.