Was für eine verrückte Woche mir doch bevorstand.
Ein Ereignis nach dem anderen. So schnell kann mein Kopf das gar nicht verarbeiten. Ich werde bis Istanbul von Bürgermeister zu Bürgermeister gereicht.
Wie es dazu kommt, erfährst du in diesem Artikel.
21. November 2016
Vize – Saray
19,77 km
Das Wetter war nicht ganz so schön, aber immerhin trocken und bei 13℃ nicht ganz soo schlimm – der Wind war trotzdem unangenehm.
Nach circa 9 km machte ich eine kleine Pause, Tee trinken. Kurz danach kam ich durch einen kleinen Ort. Dort sprach mich jemand an. „Woher ich komme.“ „Ah Deutschland. Ich kann noch etwas deutsch sprechen.“ „Lebte dort.“ … Und schwups, wurde ich zum Tee eingeladen. Das kann ich natürlich nicht abschlagen und so rutschte ich von einer Teepause zur nächsten. Wir unterhielten uns etwas, tranken 1, 2 oder auch 3 Tee/s und dann ging es für mich weiter.
Unterwegs kam ein Auto an mir vorbei, aus dem ich nur „Jessie, Jessie“ hörte und musste schmunzeln. Einer der Männer von der Teepause fuhr an mir vorbei.
Bevor ich Saray erreichte, kam ich an einer Mülldeponie vorbei und überall am Straßenrand lag Müll. Es hat so widerlich gestunken. Da hoffte ich nur, dass der Ort einigermaßen ok ist.
Im Stadtzentrum suchte ich das mir empfohlene Hotel, das ich dann mit etwas Hilfe fand.
Kleine Randnotiz: Bisher bereue ich nicht, in die Türkei gegangen zu sein. Allerdings wurde ich vor dem östlichen Teil (nach Istanbul) nun schon zweimal von Einheimischen gewarnt. Eine Winterpause wäre aber hier im westlichen Teil kein Problem.
Und es deutlich kälter geworden! Pausen machen wird (wieder) unangenehm.
22. November 2016
Saray – Sefaalan
ca 16 km
Der Tag fing völlig normal an: Gegen 6:30 Uhr klingelt der Wecker, ich steh auf, mach mich fertig, pack zusammen, geh frühstücken und gehe gegen 8 / 8:30 Uhr los. Die ersten 7-8 km waren auch recht ereignislos. Ausser, dass ich mal wieder durch ein Jagdgebiet laufe.
Dann hielt die Polizei an. Sie versuchten via Google Translate und einem Anruf herauszufinden, was ich hier treibe. Machen Fotos vom Pass und dem Stempel. „Ok, go. Bye“ Etwas irritiert geh ich weiter.
Kurz darauf hält ein Auto an. Der Mann sieht aus wie ein Kinderschänder (Sorry). Ich winke ab. Er fährt im Schritt-Tempo ein Stück weiter. Stoppt.
Schon wieder so jemand, wie der Motorradfahrer, denk ich mir.
Er steigt aus, kommt rüber zu mir. Will mir die Hand geben. So ganz geheuer ist mir der Mann nicht, also geh ich weiter. Noch ein oder zweimal fährt er langsam weiter, ruft etwas aus dem Auto. Endlich gibt er auf.
Plötzlich kommt ein Hund mit Peilsender aus dem Gebüsch. Er läuft etwas orientierungslos auf der Straße herum. Aus dem Wald-Gebiet höre ich ein Piepsen, vermutlich das Gegenstück zum Peilsender am Hund. Nach zwei Minuten (oder so) dreht er wieder ab, verschwindet im Wald.
Kurz darauf kommt mir ein Auto entgegen, der Fahrer hält einen Apfel hoch. Stoppt kurz und gibt ihn mir aus dem Auto heraus. Ich nehme ihn entgegen und geh etwas überrascht weiter. Dachte ich doch erst: Ach nee, bitte nicht schon wieder. Heute haben dann auch genug Leute angehalten.
Keine 5 Minuten später hält ein weiteres Auto an.
Der Mann streckt mir seine Schulter entgegen: Drei Sterne sind zu sehen.
„Captain sei er, wir müssten mal reden„, ruft er aus dem Auto heraus.
Auf dem Handy seh ich die Bilder meines Passes.
„Es sei hier gefährlich“ Etwas verdutzt sehe ich ihn an.
Er sagte noch etwas anderes, dass mich etwas irritierte: „Hier könnte jemand mit einer Pistole kommen und dich ins Auto ziehen.„
…. Aeehhh what??
„Wo in Sefaalan schläfst du.“ „
Keine Ahnung. Kein Hotel, wollte die Bewohner ansprechen.“
Er kenne den Bürgermeister, dort könne ich schlafen. Ich soll ins Dorf gehen, er wird mich schon finden. „Ok“, denke ich mir, „dann wird das schon so sein. So groß ist das Dorf ja nicht.„
Gerade im Dorf angekommen, kommt mir auch schon ein Junge winkend entgegen.
„Das ist aber nicht der Bürgermeister.„
Er bringt mich zu einem kleinen Laden. Eine Frau steht hinter der Theke.
„Nescafe oder Çay ?„
„Çay.„
Während ich den Tee bekomme, kommt ein Mann. „Ah der Bürgermeister …..“ denke ich mir.
Es gibt eine kleine Sightseeing Tour durch das Dorf. Es geht zur Schule, mir werden ein paar Schüler vorgestellt. Dann zur Moschee.
Moscheen sind immer so schön, mit Liebe zum Detail: Eine Moschee (arabisch مسجد) ist übrigens ein ritueller Ort des gemeinschaftlichen islamischen Gebets und darüber hinaus der politischen, rechtlichen und lebenspraktischen Wertevermittlung im Sinne des Islams sowie ein sozialer Treffpunkt. (Wikipedia)
Danach geht es zum Haus der Familie. Dort werde ich erst mal der Oma vorgstellt.
Wir unterhalten uns via Google Translate, Händen und Füßen. Irgendwann werden Fotos gemacht. Die Oma soll ein Foto mit dem Smartphone machen. Der Sohn erklärt geduldig. Wir lachen herzlich, da es einfach nicht klappen möchte. Sehr schön!
23. November 2016
Sefaalan – Gümüşpinar
ca 23 km
Der Tag gestern war ja schon etwas verrückt. Endete aber mal wieder wunderbar.
Die Familie, bei der ich übernachten durfte, ist einfach liebenswert und hilfsbereit!! Gegen 8 Uhr / 8.30 Uhr frühstückten wir noch: Es gab Ei, Brot, Tee, Zuckerrübensirup, Käse aus Kuhmilch. Als Wegproviant gibt es Äpfel (aus der Region) und Bananen.
Gegen 9 Uhr machte ich mich dann los – noch kurz von der Oma verabschieden (die im übrigen richtig niedlich ist) und dann geht es auch schon wieder Richtung Strasse.
Immer Hügel rauf, Hügel runter, Hügel rauf, Hügel runter, Hügel raaaaau…… , … .
Das hat mich heute ein paar Nerven gekostet. Beschweren kann ich mich ansonsten aber nicht wirklich über die Strecke. Es ist richtig angenehm zum Laufen. Einfach immer dem Asphalt nach, so kann ich mich auf die Umgebung konzentrieren. Meistens auch einfach nur geradeaus. (Da sieht man so schön, was für einen Anstieg man gleich vor sich hat).
Am Morgen zeigte sich noch etwas die Sonne, verabschiedete sich dann aber doch recht schnell und es war den ganzen Tag eher bewölkt. Der Regen ließ sich aber Zeit bis ich am Etappenziel ankam.
Da ich gestern die Telefonnummer des Bürgermeisters von Gümüşpinar bekommen hatte, versuchte ich ihn, nach Ankunft im Ort, anzurufen. Kein Erfolg. Gleichzeitig hatte ich aber auch gerade mit der Familie aus Sefaalan Kontakt. Die riefen den Bürgermeister für mich an. Kurz darauf konnte ich ihn dann auch erreichen. Er hatte einen deutsch-sprechenden Freund dabei. Dieser kam kurze Zeit später zu dem kleinen Kaffee, wo ich auf ihn warten sollte.
Auch hier wurden mir die üblichen Fragen gestellt:
Warum mache ich das? Habe ich keine Angst?
Wo komme ich her?
Wie viele Kilometer laufe ich so am Tag?
Wie lange bin ich schon unterwegs, wie lange werde ich unterwegs sein? …
Bevor ich zur heutigen Unterkunft gebracht werde – einem kleinen Feuerwehhäuschen, wird mir noch der Kontakt zu einem weiteren Bürgermeister hergestellt – für den Ort übermorgen. Morgen werde ich auch wieder privat unterkommen – die Schwester von Handan. Das ist die Frau / Mutter der Familie, wo ich gestern geschlafen habe.
Übrigens auch richtig liebenswert: Sie hat nochmal nachgefragt, ob ich den Bürgermeister erreicht habe und wo ich denn für heute untergekommen bin!
Ich werde noch zu einem leckeren Abendessen eingeladen und bekomme meine Thermoskanne mit Tee aufgefüllt!
Ich bin auf morgen gespannt.
Die Türkei ist jetzt schon das Land, in dem man am leichtesten mit den Einheimischen in Kontakt kommt. Und eine der hilfbereitesten Länder. Wie das nach Istanbul sein wird, wird sich noch zeigen. Bisher wurde ich ja von den Einheimischen selbst gewarnt. Steffi von A World Kaleidoscope kann das allerdings nicht verstehen oder bestätigen!
Von Terror oder Hass (auf Deutsche) merke ich hier in der Türkei bisher aber rein gar nichts! Ich fühle mich stets sicher und immer herzlichst Willkommen!
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Es ist leider fast normal, dass viele Menschen glauben, im jeweiligen Nachbarland /-provinz wäre es gefährlich, die Menschen schlecht …
Ist uns in den 2 Jahren immer wieder passiert – und im ‚gefährlichen‘ Land ist dann natürlich alles sicher, aber der nächste Nachbar gefährlich …
Eine gute Frage ist: Warst du eigentlich schon mal dort? Antwort ist dann praktisch immer Nein, aber ..
Da gebe ich dir recht. So ist es bisher immer gewesen!
Daher höre ich darauf schon gar nicht mehr :)