Die ersten Tage auf Strecke fielen mir leichter als gedacht.
Bewusst habe ich aber auch immer kürzere Etappen (um die 20 km) gewählt, um meinen Körper wieder langsam an die Belastung zu gewöhnen. Auch das Allein sein machte mir in den ersten Tagen weniger aus.
Worauf ich aber immer zählen kann: Mein Freund motiviert mich, wann immer es geht und baut mich auf.
Jedoch war dies die ersten paar Tage noch nicht nötig.
25. Juli 2016
Lébény nach Györ
24,08 km
Die heutige Strecke versprach nicht aufregend zu werden, dafür landschaftlich aber wieder ein richtiges Highlight! Das ist irgendwie immer so, wenn ich einem Radweg folge: Nicht super für die Füße, da es ja meistens (Land)Strassen sind. Dafür aber super zu wandern: Ich muss mich nicht um die Streckenführung kümmern, da die Beschilderung immer gut ist. Sorgenfrei, da die Strecken nicht gefährlich oder unbegehbar sind. Und: Landschaftlich jeden Kilometer wert.
Ich kann mich gar nicht satt sehen. An den Hügeln, Bergen, Bäumen, Feldern, Blumen und dem Himmel. Diese unendliche Sicht, die ich die meisten Tage habe, ist einfach unbezahlbar.
Das Gehen fiel mir dafür heute aber allgemein viel, viel leichter. Entweder der Körper gewöhnt sich laangsam (aber stetig) wieder daran, oder es lag einfach daran, dass es etwas bewölkt war und die Sonne nicht so brannte.
In Györ angekommen, war ich direkt begeistert von dem Ort. Er erinnerte mich ein wenig an Kroatien, mit den hellen Steinen und den aufgebauten Sitzmöglichkeiten der Restaurant und Cafés draußen.
Recht froh, endlich am Ziel zu sein, ging ich erstmal duschen (wieder ein Mensch werden) und schaute mir dann ein wenig den Ort an. Das mache ich recht selten, da ich die Zeit dann doch lieber zum entspannen und schonen der Füße nutze. Györ hatte es aber verdient. Zudem wollte ich mal nach einer Buchhandlung suchen.
Die Suche nach der Buchhandlung war erfolgreich, nur nicht nach dem, was ich eigentlich dort wollte. Eine Wanderkarte für Ungarn (oder zumindest einen Teil davon). Nicht mal die Touristen Information konnte mir behilflich sein. Also wieder ohne Karte weiter. Dann muss ich mich auf eigenen Routen eben nur mit dem GPS Gerät durchschlagen.
Wie jeden Abend, kaufte ich noch schnell etwas Wasser und etwas Wegproviant für den nächsten Tag ein: Das besteht meistens aus Brötchen, Obst und Müsliriegeln.
26. Juli 2016
Györ nach Pannonhalma
21,7 km
Schon am Morgen wusste ich: Der Tag kann nur gut werden. Denn am Abend vorher wurde mir in Pannonhalma schon eine kostenlose Unterkunft zugesagt. Dass diese auf jeden Fall zuverlässlich sein wird, da ging ich von aus. Denn es war eine Pilgerunterkunft von der Kirche.
Die Strecke war allerdings nicht so grandios, da ich eine eigene Route gelaufen bin, die mich leider nur an der Strasse entlang führte. Dadurch konnte ich aber gut 6 km sparen. Das macht schon einiges aus. Das letzte Stück verlief dann aber wieder auf dem ungarischen Jakobsweg und war richtig toll!
Immer dann, wenn ich an der Strasse entlang laufe, ist es ein Abenteuer im Abenteuer: Ich weiß nie, ob die Strecke wirklich begehbar sein wird (oder vielleicht doch zu gefährlich). Muss ich vielleicht einen anderen Weg zum Zielort finden? Mein Motto an Strassen: Solange ich Fahrradfahrer entlang des Weges sehe, ist es für mich auch wander-bar.
27.07.2016
Pannonhalma nach Kisbér
30,9 km
Oh was ein Tag heute: Heute morgen war super Wetter. Der nette Herr Pfarrer machte mir noch Kaffee und holte mir etwas zu essen und trinken. Da die Unterkunft von der Kirche und dazu kostenlos war, wollte ich ihm eine kleine Spende geben – aber er wollte mein Geld nicht. Na ja, dann nicht, dachte ich mir.
Gegen 8 Uhr machte ich mich dann los. Die Etappe war auf Feld- / Waldwegen sehr bewachsen, aber gut. Auch wenn man den Brennesseln wegen Slalom laufen musste – mit einer kurzen Hose gar nicht so einfach. Aber genau solche Strecken machen Spass und zaubern mir ein Lächeln auf das Gesicht. Wenn dazu noch die Landschaft stimmt: Jackpot.
Nach ca. 11 km machte ich meine erste Pause. Ich suchte eine niedliche Stelle aus, die am Ende leider nicht so niedlich war: viele Ameisen. Da ich mehr damit beschäftigt war, die Ameisen abzuwehren als mich auszuruhen, machte ich mich weiter, um ein anderes Plätzchen aufzusuchen. Gefunden!
Kurz bevor ich weiter gehen wollte, kamen drei nette Damen an mir vorbei, die ebenfalls dem ungarischen Jakobsweg folgen. Ihnen hab ich zu verdanken, dass meine Unterkunft in Kisbér nur 8€ pro Nacht kostet und nicht knapp 16. Warum? Sie gaben mir für die restliche Strecke eine Liste mit den Unterkünften mit, in denen sie geschlafen hatten. Mit dem Verweis auf den Pilgerweg.
Kurz darauf kam ich auf einen Feldweg, während hinter mir schon Regenwolken sichtbar wurden. Ich hoffte erst, dass es kein Gewitter sein wird und an mir vorbei zieht. Als das Donnern dann lauter wurde, wusste ich: Leider nein, leider gar nicht an mir vorbei, sondern mittendrin. Als dann noch Blitze dazu kamen, war ich schon drauf und dran mich unter eine Brücke zu stellen.
Ihr müsst wissen, eine Horrorvorstellung von mir: Auf der Wanderung auf einem Feldweg zu stehen und es fängt an zu gewittern. Ganz toll. Wirklich.
Rettung in „letzter“ Not
Allerdings kam in dem Moment ein ungarischer Landwirt vorbei, der mich dann ein Stück mit seinem Traktor mitnahm. Bei Gewitter auf einem Feldweg ist halt nicht so prickelnd. Dieser warf mich dann gute 5km weiter an einem Bushäuschen raus. Ein Ende des Gewitters war trotzdem nicht in Sicht, also saß ich die Zeit ab, bis zumindest kein Donner und Blitz mehr in der Nähe zu sehen und zu hören waren.
Nun mache ich erstmal zwei Pausentage.
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Hi Jessie,
Deine Berichte sind immer wieder schön. Ich fühle mich nah dran am Geschehen und kann virtuell mitwandern.
Nur eine Frage: Ist es nicht zu laut, längere Zeit der Strasse entlang zu wandern? Gerade wenn ich viel in der Natur unterwegs bin, erscheint mir eine Strasse besonders laut.
Viel Spaß weiterhin!
Fussige Grüsse, Jana
Liebe Jana,
liebsten Dank für deinen Kommentar :) Das freut mich sehr!!
Naja was heißt zu laut. Das stört mich nicht so. Aber die Landschaft ist dann nicht so toll :) Nur leider lässt sich das auf der Wanderung nicht vermeiden.
Da ich ja keinen vorgefertigten Weg gehe. wenn immer es geht, versuche ich zwar Wanderweg zu finden, aber für Ostungarn konnte ich bisher noch nichts ausfindig machen. Nur den Sultanstrail. Der verläuft mir aber nicht straight genug :P und durch Serbien wollte ich eigentlich auch nicht. :)
Jessie
Wenn einer eine Reise tut… Ja, dann kann sie was erleben. Wunderbar ist es natürlich, wenn die Erlebnisse so positiv sind. Tolle Landschaft. Nette Menschen. Tolle Orte. Es macht Spaß Dich lesenderweise zu begleiten und ich freu mich schon auf Deinen nächsten Bericht und bin ganz gespannt wohin es Dich so verschlägt und was Du erlebst.
Danke liebe Claudia! Das freut mich sehr zu lesen! :)
Ja etwas Bammel hab ich ja schon, wenn die Glücksträhne mal vorbei ist!
Aber so lange sie da ist, sollte ich es genießen :)