Als ich wie immer morgens gegen 6.30 Uhr aufwachte war ich ziemlich aus dem Häuschen als die Sonne schien. Denn seit ca 2 Wochen war es hier nun schon bewölkt oder regnete. Dabei wollte ich doch diesen Sonntag so gern 2 Tempel besichtigen und endlich ein Boot auf diesem verdammten Hugli-Fluß benutzen.
Bis 9.30 Uhr war auch alles total toll, doch dann kamen wieder die Wolken und ich hoffte nun das es zumindest heute nicht regnen würde. Und ich sollte an diesem Tag tatsächlich Glück haben!
Gegen frühen Nachmittag ging es mit dem Taxi Richtung Dakshineshwar Tempel. Es wurden 300 RS von der Park Street bis zum Tempel hingeblättert und beim Aussteigen musste ich mal wieder schmunzeln. Schon beim Einkaufen im Food Bazaar (quasi Rewe, Edeka o.ä. bei uns) ist es mir bei den Gebets-Räucherstäbchen aufgefallen.
Ich komme mir ja immer ein wenig eigenartig vor, wenn ich auf Sightseeing bin – denn oft scheine ich das einzige Weißbrot zu sein. Eigentlich ging ich ja davon aus, dass dort an den Tempel hin und wieder schon mal jemand anderes mit heller Haut zu sehen ist. Irgendwie aber nicht. Egal wo ich bisher war.
Daher ist so ein Sightseeing (ich mag das Wort eigentlich nicht) hier in Kalkutta für mich oft auch alles andere als entspannend. Bevor ich nach Indien flog habe ich viel gelesen. Mich informiert und mental darauf vorbereitet. Aber dabei ging ich davon aus, dass die Leute auf der Strasse mich anstarren und ansprechen würden. Also klar, die gucken oder starren auch. Auf jeden Fall. Murmlen oder sagen sogar manchmal etwas im vorbeigehen. Aber sie gehen einfach weiter und ich bin ihren Blicken nur ein paar Sekunden oder Minuten ausgesetzt. Also easy zu ignorieren.
Ganz anders ist das aber in Museen. Tempeln oder an anderen Orten. Eigentlich ging ich davon aus das dort die etwas bessere Schicht Indiens ihr Unwesen treibt. Also Leute die zumindest ein wenig Bildung ergattern konnten. Ich dachte gerade die würden nicht so abgehen oder an den Orten würden ihnen andere hellhäutige Geschöpfe öfters über den Weg laufen. Aber nein. Sie starren. Sie laufen starrend neben mir her. Das Minuten lang. Versuchen mich anszusprechen oder wollen Fotos.
Das mit den Fotos ist eigentlich gar nicht so schlimm – wenn Eltern nicht einfach ihre Kinder zu mir schieben und einfach ein Foto machen würden. Ohne zu fragen versteht sich. Dann weise ich sie höflichst darauf hin wenigstens mal zu fragen – drehe mich meist aber dann um und gehe (ein wenig Respekt sollen wie ja schon bekommen und dass man das nicht einfach so macht).
Nein. Anstrengend ist dieses minutenlange starrende neben mir herlaufen. Wenn die einen von mir ablassen, sind schon die nächsten da. Wie im Zoo.
Man selbst kann sich dann gar nicht richtig auf die Umgebung und auf das „vor Ort sein“ konzentrieren bzw sich darauf einlassen.
Am Dakshineshwar Tempel war es ja noch okay. Es ist eine etwas größere Tempelanlage als der Kali Tempel und auch ein wenig sehenswerter. Allerdings mit einer richtig langen Schlange die sich minutenlang kein Stück bewegte. Wer also nicht nur aufs Tempelgelände möchte, sondern auch in den Gebetsraum sollte genug Zeit mitringen.
Auf der ca 20 minütigen Bootsfahrt für 10 RS nach Belur Math (Klosteranlage) war auch alles top. Keiner ging mir auf den Senkel und ich konnte die Fahrt genießen.
Doch dann kamen wir nach Belur Math. Eine große Tempelanlage mit einem Haupttempel und ein paar kleineren Tempeln. Dazu ein Park und ein kleines Museum. Ein Haufen Inder saßen hier einfach nur um sich zu unterhalten. Ein kleines Picknick zu machen. Eigentlich richtig toll. Mit tollen bunten Blumen und Blick auf den Fluß. Nur ein wenig überlaufen – von Indern.
Fotos waren hier, bei Belur Math, leider komplett untersagt. Okay, okay am Dakshineshwar Tempel eigentlich auch, aber da hielt sich kein Schwan… Inder dran. Also auch nicht ich. Hier war das dann schon ein wenig anders. Für mich wahrscheinlich ein Glücksfall.
Denn hier fing das Starren und belagert werden erst richtig an. Ich weiß nicht, ob ein Mann da weniger von .. ich möchte nicht sagen belästigt wird .. aber ob ihm das in der Art weniger widerfährt? So ein Respekt-Ding vielleicht?
Naja. Aber immerhin starren (oder murmeln) sie nur was und fassen mich nicht an oder ähnliches. Das wäre ja dann doch um einiges mieser. Daher möchte ich mich auch gar nicht wirklich beschweren. Eher mit ein wenig Augenzwinkern.
Vielleicht war es aber auch nur so anstrengend, weil es mir letzte Woche nicht ganz so gut ging. Also mental. Ich Abstand brauchte von den ganzen Indern um mich rum. Von dem lauten Chaos. Nach 2 Monate in Kalkutta ist es einfach im Allgemeinen ziemlich anstrengend. Ich denke die Leute die hier nur ein paar Tage verweilen, bekommen das gar nicht so mit. Und ich freue mich schon darauf auch andere Ecken von Indien zu entdecken!
Denn Indien allgemein ist ein tolles Land. Finde ich. Faszinierend. Fassettenreich. Abenteuerreich.
Und nun weiß ich auch was ich von dem Spruch zu halten habe, den eine Kollegin aus dem Büro anfangs sagte: „Mir fällt es auch nach fast einem Jahr immernoch schwer diese Stadt zu mögen“.
[…] Die Menschen starren einen ziemlich direkt an – egal wo man hin geht, egal was man trägt – oder nicht trägt. Zumindest wenn du helle Haut hast. Denn die Inder selbst denken nicht nur, dass du als Europäer oder als Amerikaner Reich bist – nein, sie sind auch neidisch auf deine helle Hautfarbe. […]